Kettenreaktion; Hiu Tung Ching, 18. — 20. Oktober 2019

Kettenreaktion“ ist bereits die zweite Einzelausstellung mit Arbeiten Hiu Tung Chings nach „BLUR“ im März 2017. In seinen aktuellen Arbeiten beschäftigt sich der 1987 in Hongkong geborene Künstler mit der Frage nach Funktionalität und
Ästhetik von Kunstwerken.

Aus im Baumarkt gekauften Materialien, wie z. B. Glas- und Metallplatten, Kunststoffrollen, Nylonschnüren, Schrauben und Muttern kreiert der Künstler Skulpturen und Wandobjekte, welche sich in seinen großformatigen Rauminstallationen wiederfinden. Die vom Künstler geschaffenen Gebilde werden dabei aus diesen Materialien so zusammengesetzt, dass sie in ihrer äußeren Erscheinung an bestimmte technische Gegenstände erinnern. Die einzelnen Bauteile werden dabei ihrer eigentlichen Funktion enthoben, werden auf die bloße optische Ähnlichkeit reduziert und in einem neuen Kontext verwendet. Ganz ähnlich ergeht es den so nachgebildeten technischen Gegenständen: Ob Heizkörper oder Förderband, die Objekte Hiu Tung Chings sind lediglich als eine ästhetische Annäherung an ihre Vorbilder zu begreifen.

Die Funktionalität liegt nicht mehr im zuverlässigen Erfüllen eines bestimmten Zweckes, sondern darin, im Bewusstsein der Betrachter an diesen zu erinnern. Die durch diese Mimikry ausgelöste „Erinnerung“ an bestimmte aus dem Alltag vertraute Funktionalitäten zeigt einen grundsätzlichen Mechanismus zeitgenössischer Kunst auf. Durch das Herstellen von Vergleichbarkeit einzelner Situationen in einem sich verändernden Kontext entstehen inhaltliche Potenziale. Gleich einer Metapher verweisen diese auf zusätzliche, nicht in der reinen Form der Arbeiten angelegte Inhalte oder Interpretationsmöglichkeiten. Hiu Tung Ching nutz diese als Vehikel um die engen Verbindungen zwischen Abbild und Bild, zwischen Signifikat und Signifikant zu verdeutlichen. Als Eigenheit des heutigen konzeptuellen Arbeitens von KünstlerInnen ist es genau diese kontextbasierte Visualisierung von Inhalten auf die der Künstler verweist. Die Arbeiten Hiu Tung Chings wirken selbst als Metapher für diesen vergleichsbasierten Kommunikationsprozess.

Zugleich ist es eine überspitzt dargestellte Ästhetisierung technischer Funktionen. Die Reduktion auf die bloße, optische Ähnlichkeit steht im krassen Gegensatz zu aus der Designtheorie bekannten Aussprüchen wie „Form Follows Function“ und verkehrt diese in ihr Gegenteil: Das Aussehen und die Form wird zur alleinigen Funktion des Objektes. Die so aufgeworfenen Fragen nach einer Inhaltlichkeit von Kunst, stehen stellvertretend für einzelne Aspekte aus dem Diskursfeld der zeitgenössischen Kunstrezeption.