In Private; Sebastian Speckmann, 25. — 27. März 2022
Fein und detailliert ausgearbeitet lassen die Bilder Sebastian Speckmanns szenenhafte Landschaften und Bildmotive vor dem Auge der Betrachter entstehen. Die Bilder wirken seltsam vertraut, zugleich spannungs- und geheimnisvoll. Auf der langen Tradition der Europäischen Druckgrafik aufbauend begeistern die Linolschnitte des Leipziger Künstlers sowohl durch ihre technische Ausarbeitung, wie auch durch ihren erzählerischen Inhalt. Die Motive besitzen ein eigenes erzählerisches Potenzial, durch Andeutungen oder durch - für den Betrachter nicht aufzulösende Situationen - arbeiten die Bilder in der Fantasie des Betrachters weiter, beziehen ihn mit ein, in die Inhaltliche Ausgestaltung der jeweiligen Motive. So kommt es nicht von ungefähr, das die einzelnen, höchst stimmungsvollen Bilder unterschiedliche Lesarten für den individuellen Betrachter bereit halten.
Speckmann löst diese Spannungen bewusst nicht auf; vielmehr spielt er mit Erfahrungsräumen und Erinnerungen seines Publikums. Durch das “Zusammenschneiden” mehrerer Erzählstränge zu einem einzelnen Motiv entstehen inhaltliche Leerstellen - oder durch die freie Kombinierbarkeit der einzelnen Elemente - alternative Erzählstrukturen. Andere Beispiele für diese erzählerische Verfahrensweise finden sich sowohl in den Filmen David Lynchs wie auch in der Malerei und Druckgrafik der Künstler der Leipziger Schule.
Verstärkend in diesem Spiel mit Inhaltlichkeit wirken die assoziativ klingenden Titel, welche sich oft auf einzelne Bildelemente beziehen oder durch das Nebeneinander von Bild und einem scheinbar nur bedingt zugehörigen Titel Räume öffnen, für über das im Bild dargestellte hinausgehende Assoziationen.
Die eindrucksvolle technische Ausarbeitung ergänzt diese Vorgehensweise: Aus feinen Linien und Punkte-Rastern gebildete Strukturen formen versatzstückhafte Architektur oder Landschaftsausschnitte, bevölkert von oft nur als Silhouette angedeuteten Figuren. Ins Detail gehend moduliert Speckmann aus feinen Farbabstufungen Räumlichkeit und Tiefe und lässt dennoch vieles offen; Die Arbeiten entstehen als Linoldchnitte, sind also klassische Hochdrucke. Die hellen Bildstellen markieren dabei die bearbeiteten Bereiche der Druckplatte. Hier schneidet Speckmann Material weg, es entstehen Farblose, weiße Stellen auf dem bedruckten Papier. Die Farbskala der überwiegend einfarbig gedruckten Blätter entsteht dabei nur aus der Dichte dieser Fehlstellen. Die feinen, graduellen Unterschiede entstehen durch Schraffuren, durch mehr oder weniger dicht gesetzte Muster aus Linien und Punkten, die mit ihrem Weiß die tiefschwarze Druckfarbe durchbrechen.